Zurück in Europa
- Hägar
- 2. Aug.
- 3 Min. Lesezeit
So, liebe Freunde, was vor einem halben Jahr als fixe und vielleicht auch als etwas verrückte Idee begonnen hat, ist nun tatsächlich Realität geworden. Eine Crew der StSG ist nach England und zurück gesegelt.

Nun sind wir wieder in IJmuiden, Holland (und ja, hier ist "Holland" richtig, da wir in dieser Niederländischen Provinz sind 😍). Eine Blitzumfrage gleich nach dem Anlegen hat ergeben, dass 4 von 5 sofort wieder eine solche Reise mitmachen würden.

Die Windstärken waren jetzt nicht besonders besorgniserregend, 3, oft 4 und manchmal auch 5 bft, aber die Wellen sind halt schon ein anderes Kaliber, als auf anderen Gewässern. Die Gefahr der Seekrankheit ist groß, und wer das schonmal erlebt hat, weiß wie schlimm das ist und dass man das eher in Zukunft vermeiden will.
Doch zunächst mal zur Rückfahrt. Die Wettervorhersage für das Ende der Überfahrt war nicht besonders erfreulich, nämlich 5-6 bft, frische Temperaturen, Regen und Schauerböen. Nicht umsonst heißt es, das Segeln sei wie unter der kalten Dusche stehen und 100 €-Scheine zerreißen 😢. Deshalb sind wir früh los um 0900 BST. Zu diesem Zeitpunkt noch warm mit leichten 3 bft aus West, noch keine Wellen also ein idealer Genackerkurs. Die Crew musste nicht überredet werden, schwups stand die Blase. Herrlicher Start.
Nach 2 Stunden lies der Wind leider nach und wir mussten die Maschine zu Hilfe nehmen. Bald darauf aber wieder mehr Wind aus Süd (das war gar nicht vorhergesagt...) und mit G3, Groß und Besan ging es weiter. Tatjana hat sich dann noch gut mit einem Mitglied einer italienischen Frachtercrew unterhalten. Der Unterschied zu den wortkargen Kammeraden ist doch frappierend.

Ein chinesischer Frachter mit über 300 m Länge musste uns ausweichen, der CPA (Closest Point of Approach) war für unseren Geschmack allerdings arg knapp, nur 0,7 sm. Das klingt zwar viel, bedenkt man aber, die Länge des Frachters sowie seine Geschwindigkeit von 16kn schrumpft das "viel" schnell zu "Ui, hoffentlich reicht das" zusammen. Also mal wieder die Funke bemüht. "Yes Windstalker we can see you, the CPA is 0,7 sm and we will pass you astern. Please keep your speed and direction". "O.K. we will keep our speed and direction, over and out". Blöd nur, dass eine Minute später der Wind abflaute, und wir über 1 kn Fahrt verloren haben. Schweißperlen auf der Stirn, das Ungetüm wurde immer grösser, aber der Jokel hat uns aus der Gefahrenzone gebracht.

Später, mitten in der Nacht, wurde es dann recht unübersichtlich.

Vor IJmuiden treffen sich verschiedene Traffic Separation Schemes (Großschiffsautobahnen), Deep Water Routes, Reeden (Ankerplätze für Großschifffahrt), sowie etliche Windparks und Bohrplattformen auf einem Fleck. Und wir mitten durch. Von überall kamen die großen und manchmal auch kleineren Pötte auf. Das AIS lief genauso heiß, wie die Kommunikation vom Navi zum Rudergänger: " von Süden kommt noch ein großer Pott auf, CPA 0,5 sm in 33 Minuten", "Pass auf der Fischer von hinten", "der Frachter von oben dreht jetzt nach Süden und kommt uns 0,5 sm nahe", "aus dem Windpark kommt noch ein Versorger raus, CPA 200m in 19 Min" "Der Containerfrachter überholt noch den kleineren Frachter, geht aber vor uns durch" "Ich sehe jetzt rot/grün, direkt vorraus". Und so weiter.

Ohne AIS wären wir da nicht durchgekommen. Ich frage mich echt wie wir das früher alles geschafft haben, vielleicht gab es da weniger Schiffsverkehr. Auch die Reede war riesig. Markus und Tajana fuhren in ihrer Wache über 4 h fuhr nur an den geparkten Schiffen vorbei.
Mittlerweile hat der Wind wie vorhergesagt gut aufgefrischt und die Wellenhöhe hat dies quittiert. Die letzten Meilen waren dann noch schaukeliger als der Rest der Reise, und das Segelbergen im Wind glich eher einem Rodeo als einer Seemännischen Routinearbeit.
Nichtsdestotrotz waren wir dann am frühen Morgen vor IJmuiden und die Port Control auf Kanal 61 gab uns freie Fahrt in den Hafen. Noch ein kurzer Schreckmoment, auf der Hafenmole zur IJmuiden Seaport Marina gelbe Blinklichter, ein Zeichen, dass der Hafen voll ist. Glücklicherweise hat sich bei näherer Betrachtung durch das Fernglas, die Blinklichter als Müllabfuhr herausgestellt 😂.
Der Anleger war durch den nun doch beträchtlichen Seitenwind nicht unbedingt geschmeidig, aber ging ohne Blessuren am Schiff oder der Crew ab. Leinen fest, Stromkabel gelegt, und die Überfahrt war glücklich zu Ende.

Alles in Allem waren es aber unvergessliche Momente, wenn man nach 22 bzw 26 h Segeln im Hafen einer fremden Stadt ankommt, und willkommen geheißen wird.

Über die Learnings was gut lief und was noch verbessert werden kann schreibe ich nochmal einen extra blog.
Bleibt bei uns, und wir freuen uns immer über likes und noch mehr über Kommentare. Traut Euch.
Liebe Grüße von der England Crew


Hallo ihr SeebärInnen,
ich kenn mich überhaupt nicht aus, hab aber mitgefiebert, auf marinetraffic euren Standort verfolgt und sag jetzt mal: das habt ihr super gemacht - bin stolz auf euch 👍
Lieben Gruß, Diekleineralfschwester